V wie Verfahren vor dem Arbeitsgericht

Wie läuft ein Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht ab?


Geltendmachung

Als erster Schritt empfiehlt es sich, dass ich den Arbeitgeber noch einmal anschreibe, den Anspruch rechtlich begründe und den Arbeitgeber ein letztes Mal auffordere, Ihren Anspruch zu erfüllen. Dieser Vorgang wird auch “Geltendmachung” genannt. Am Anwaltsbrief erkennt Ihr Arbeitgeber, dass es Ihnen ernst ist und dass er mit einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht rechnen muss, wenn keine einvernehmliche Lösung gefunden wird.

Bei Kündigungsverfahren verzichte ich aufgrund der klaren Ausgangslage und der kurzen Klagefrist in der Regel auf solch einen Anwaltsbrief.

Klage vor dem Arbeitsgericht

Reagiert der Arbeitgeber nicht so wie erwünscht, erhebe ich Klage vor dem Arbeitsgericht. Zuständig ist das Arbeitsgericht des Ortes, an dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Es kann aber auch an dem Ort geklagt werden, an dem Sie üblicherweise Ihre Arbeit erbringen. 

In der Klageschrift erkläre ich dem Gericht den Sachverhalt, aus dem Ihr Anspruch erwächst und begründe diesen anhand des Gesetzes. Als Anlagen füge die Unterlagen bei, aus denen sich ergibt, dass Sie recht haben.

In der Klageschrift werden die Parteien des Rechtsstreits – Sie als Arbeitnehmer:in und Ihr Arbeitgeber – als Kläger:in und Beklagte bezeichnet. Diese Bezeichnungen werden im gesamten Gerichtsverfahren beibehalten.

Gütetermin

Innerhalb weniger Wochen nach Klageerhebung findet die sogenannte Güteverhandlung statt. Dieser Termin dient nur zur Klärung der Frage, ob eine einvernehmliche Beendigung des Rechtsstreits durch einen Vergleich erzielt werden kann.

Ihnen und ihrem Arbeitgeber steht es frei, zu diesem Termin persönlich zu erscheinen oder sich anwaltlich vertreten zu lassen. Zur Aufklärung des Sachverhalts und für den Abschluss eines Vergleichs kann es sich aber empfehlen, dass Sie persönlich am Termin teilnehmen. 

Die Güteverhandlung wird durch eine:einen vorsitzende:n Richter:in geleitet. Sie oder er ist ein:e Berufsrichter:in und trägt eine schwarze Robe. Sie:er wird nachfragen, ob der Sachverhalt klar ist, eine kurze rechtliche Einschätzung zum Fall geben und möglicherweise einen eigenen Vergleichsvorschlag unterbreiten.

Während der Güteverhandlung besteht immer die Möglichkeit, die Verhandlung zu unterbrechen, wenn Sie sich mit mir besprechen möchten. Häufig werden Unterbrechungen auch für Vergleichsverhandlungen ohne richterliche Beteiligung genutzt.

Der Gütetermin findet öffentlich statt, Interessierte können der Verhandlung also zuhören. Im Gegensatz zur:zum Richter:in tragen Rechtsanwälte am Arbeitsgericht Berlin keine Robe.

Vergleich

Einigen sich die Parteien durch einen Vergleich, ist das Verfahren damit beendet. Es kommt damit zu keinem neuen Termin. Beide Parteien müssen ihre Pflichten aus dem Vergleich erfüllen. Tun sie dies nicht, kann der Vergleich vollstreckt werden, zum Beispiel durch die Beauftragung einer:eines Gerichtsvollzieher:in.

Ein Vergleich kann in jedem Stadium des Gerichtsverfahrens und in jeder Instanz geschlossen werden. Die Richter:innen sind sogar verpflichtet, zu jeder Zeit auf eine einvernehmliche Beendigung des Rechtsstreits hinzuwirken.

Ein Vergleich hat auch Auswirkungen auf die Rechtsanwaltsgebühren und die Gerichtskosten. Die Rechtsanwaltsgebühren erhöhen sich um die Vergleichsgebühr, im Gegenzug entfallen die Gerichtskosten in den allermeisten Fällen vollständig.

Schriftsätze

Kommt eine Einigung nicht zustande, setzt das Gericht einen Termin für die sogenannte Kammerverhandlung fest. Die Arbeitgeberseite wird zunächst aufgefordert, in einem Schriftsatz zu erklären, warum der mit der Klage geltend gemachte Anspruch unbegründet ist. Der Arbeitgeber muss – wenn er rechtlich verpflichtet ist, den Beweis zu erbringen – Unterlagen vorlegen oder Zeugen benennen, die seine Sichtweise stützen.

Anschließend erhalten wir noch einmal Gelegenheit, schriftlich auf die Verteidigung des Arbeitgebers zu reagieren und darzulegen und zu beweisen, warum Sie im Recht sind und die Tatsachenbehauptungen und Rechtsauffassungen des Arbeitgebers nicht zutreffend sind.

Kammertermin

Zwischen Güte- und Kammertermin können mehrere Monate vergehen. An dem Gerichtstermin nimmt – anders als im Gütetermin – die ganze Kammer teil. Das heißt, dass neben der:dem vorsitzenden Richter:in als Berufsrichter:in auch zwei ehrenamtliche Richter:innen teilnehmen. Ein:e ehrenamtliche:r Richter:in wird von den Arbeitgeberverbänden benannt, die:der andere von den Gewerkschaften. Diese Richter:innen sind in anderen Berufen tätig und kommen nur zur Kammerverhandlung zum Arbeitsgericht und fällen gleichberechtigt zusammen mit der:dem Berufsríchter:in das Urteil. Sie tragen keine Richterrobe.

In der Kammerverhandlungen geben die Richter:innen erneut Hinweise darauf, wie sie die rechtlichen Fragen einschätzen. Die Parteien bekommen noch einmal Gelegenheit, ihre Argumente auszutauschen und falls die Parteien Zeugen benannt haben, auf deren Aussage es nach Auffassung des Gerichts für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt, werden sie in der Kammerverhandlung angehört.

Auch im Kammertermin wird nach Möglichkeiten gesucht, den Rechtsstreit gütlich durch einen Vergleich zu beenden. Gelingt dies nicht, zieht sich das Gericht zur Beratung zurück und verkündet dann die Entscheidung.

Urteil

Der Kammertermin endet mit einer Entscheidung des Gerichts. In seltenen Fällen wird durch diese Entscheidung der Rechtsstreits fortgesetzt, da das Gericht den Sachverhalt für noch nicht abschließend geklärt hält.

In den meisten Fällen verkündet das Gericht in einem Urteil,  ob es der Klage stattgibt (dann hat die:der Kläger:in gewonnen) oder die Klage abweist (dann hat die:der Beklagte gewonnen). Das Gericht kann einer Klage auch anteilig stattgeben und im Übrigen die Klage abweisen. Das Gericht verkündet auch, wer die Gerichtskosten zu tragen hat.

Bei der Urteilsverkündung erfahren die Parteien nur, wer in welchem Umfang gewonnen oder verloren hat. Das Urteil wird innerhalb der nächsten Monate schriftlich begründet. Anhand dieser Begründung kann die unterlegene Partei prüfen, ob sie die Gründe nachvollziehen kann oder ob sie das Urteil nicht akzeptieren möchte und in die zweite Instanz gehen möchte, indem sie Berufung einlegt. Für die Einlegung der Berufung hat die unterlegene Partei einen Monat nach Zustellung der Urteilsbegründung Zeit. 

Wird keine Berufung eingelegt, wird das Urteil rechtskräftig. Die unterlegen Partei muss die Ansprüche, zu denen sie verurteilt worden ist, erfüllen.

Kosten

Anders als im Zivilprozess trägt im Arbeitsrechtsprozess in der ersten Instanz jede Partei ihre Kosten selbst. Das bedeutet, dass Sie die Rechtsanwaltskosten  auch dann nicht von Ihrem Arbeitgeber erstattet bekommen, wenn Sie vor Gericht vollständig Recht bekommen. Im Gegenzug müssen Sie aber auch nicht die:den Rechtsanwält:in Ihres Arbeitgebers bezahlen.

Die Rechtsanwaltsgebühren werden durch das RVG festgelegt und richten sich nach dem Streitwert, das heißt nach dem Wert der Angelegenheit, um die gestritten wird. Wenn Sie also 1.000 Euro Gehalt von Ihrem Arbeitgeber einklagen, beträgt der Streitwert 1.000 Euro. Der Streitwert dient aber nur der Festlegung der Gebühren, die Gebühren selbst sind immer niedriger als der Streitwert.

Die Rechtsanwaltsgebühren setzen sich zusammen aus

  • einer Verfahrensgebühr, die mit Erhebung der Klage entsteht,
  • einer Terminsgebühr, die für Gerichtstermine anfällt,
  • einer Einigungsgebühr  bei Erzielen eines Vergleichs,
  • einer Telekommunikationspauschale von maximal 20,00 Euro und
  • der Umsatzsteuer

Diese Gebühren sind gesetzlich festgelegte Mindestgebühren, als Rechtsanwalt darf ich diese Gebühren nur in Ausnahmefällen unterschreiten. Für meine außergerichtliche Tätigkeit vor Klageerhebung schließe ich gern Honorarvereinbarungen.

 


Hinweis: Dies ist ein sehr allgemeiner Überblick über das Arbeitsrecht. Er kann eine Beratung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin nicht ersetzen. Wenn Sie für Ihren persönlichen Fall Hilfe benötigen, wenden Sie sich bitte an mich oder vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Ich helfe Ihnen gerne.